Welche Sprachen gehören zur selben Familie?

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Sie würden gerne mehr Sprachen sprechen als Sie bereits können? Dann empfiehlt es sich, mit einer Sprache weiterzumachen, die zur selben Sprachfamilie einer Sprache gehört, die Sie bereits sprechen. Vielleicht ist Ihnen zum Beispiel schonmal aufgefallen, dass Sie Italienisch verstehen, obwohl Sie nur Spanisch gelernt haben. Oder umgekehrt. Das liegt daran, dass diese beiden Sprachen zu einer Familie gehören. Aber was ist überhaupt eine Sprachfamilie und welche Sprache gehört zu welcher Familie?

Was ist eine Sprachfamilie?

Sprachfamilien sind ein Mittel zur Einteilung verschiedener Sprachen nach ihrer Verwandtschaft, Ähnlichkeit und historischer Vorfahren. Fast alle Sprachen kann man zu einer Familie zuordnen. Die gemeinsame Vorgängersprache wird als Protosprache bezeichnet. (Proto heißt früh auf Griechisch.) Oft ist uns die Ahnensprache nicht bekannt, allerdings kann man aber durch Forschung viele ihrer Merkmale herausfinden. Manchmal kann man eine Protosprache als historisch bekannte Sprache identifizieren. Es ist zum Beispiel bekannt, dass die modernen romanischen Sprachen aus provinziellen Dialekten des Vulgärlateins entstanden sind. In diesem Fall ist die protoromanische Sprache also mehr oder weniger dem Latein identisch. Ein anderes Beispiel ist Altnordisch. Altnordisch ist der Vorfahre von Norwegisch, Schwedisch, Dänisch und Isländisch. Sanskrit war die Protosprache von Hindi, Urdu, Bengali, Marathi und anderen Sprachen des indischen Subkontinents. Wenn man in der Zeit zurückgeht, haben diese Ahnensprachen auch wieder gemeinsame Vorfahren, den Proto-Indo-European (PIE). Sprachfamilien werden in mehrere Zweige unterteilt. Einige Zweige der indogermanischen Familie sind beispielsweise Germanisch, Romanisch und Slawisch.

Wie stellen Forscher Beziehungen zwischen Sprachen her?

Manchmal ist es relativ leicht, diese Beziehungen zu erkennen. Zur Verdeutlichung kann man sich die romanischen Sprachen anschauen. Es ist bekannt, dass Italienisch ein Nachkomme des Lateinischen ist. in Italien wurde vor 2.000 Jahren Latein gesprochen und es wurden eine große Anzahl schriftlicher Dokumente in der Sprache hinterlassen. Später wurde Latein in ganz Europa verbreitet und es entwickelten sich regionale Dialekte. Irgendwann brach das Römische Reich allerdings auseinander und diese Dialekte wurden zu den romanischen Sprachen, die man heute kennt: Französisch, Portugiesisch, Spanisch, Italienisch, etc. Sie bilden den romanischen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie. Als Beispiel sehen Sie hier das Wort Wasser in drei germanischen Sprachen:

Portugiesisch:             água

Spanisch:                   agua

Italienisch:               acqua

Die Ähnlichkeit ist klar erkennbar. Weitere Ähnlichkeiten können Sie aber auch in Literatur zu diesem Thema finden. Und falls Sie eine dieser oder eine andere Sprache lernen wollen, haben wir eine Auswahl an spannenden und interaktiven Sprachkursen.

Was ist, wenn die Protosprache keine Aufzeichnungen hinterließ?

Der oben gezeigte Fall der romanischen Sprachen ist ungewöhnlich einfach, weil die gemeinsame Ahnensprache, hier Latein, sehr viele Schriften hinterließ. Bei anderen Sprachen gestaltet sich das Ganze schwieriger. Viele antike Sprachen wurden nie niedergeschrieben und somit gibt es keine Aufzeichnungen. Linguisten können aber gemeinsame Ursprünge ermitteln, indem sie moderne Sprachen untersuchen und ihre Gemeinsamkeiten herauskristallisieren.

Deutsch:                     Wasser

Englisch:                     water

Dänisch:                     vand

Russisch:                    voda

Polnisch:                     woda

Tschechisch:              voda

Deutsch, Englisch und Dänisch gehören zum germanischen Zweig der indoeuropäischen Sprachfamilie. Russisch, Polnisch und Tschechisch gehören zum slawischen Zweig. Man sieht, dass das Wort Wasser innerhalb beider Gruppen ähnlicher ist, als gruppenübergreifend. Und obwohl es keine schriftlichen Überbleibsel des Proto-Germanischen oder Proto-Slawischen gibt, muss man davon ausgehen, dass diese Sprachen – genau wie Latein – irgendwann und irgendwo existiert haben.

Isolierte Sprachen

Weltweit gibt es etwa 7.000 Sprachen und 200 Sprachfamilien. Eine Sprache gilt als isoliert, wenn wir keine mit ihr verwandte Sprache kennen und sie damit nicht in eine Familie einordnen können. Isolierte Sprachen sind nicht zwingend schwer zu finden – das beste Beispiel dafür ist Koreanisch. Mit über 78 Millionen Muttersprachlern ist Koreanisch die größte isolierte Sprache der Welt.

Litauisch:                    udens

Albanisch:                   uje

Baskisch:                    ur

Hier sehen Sie Wasser in drei weiteren Sprachen. Litauisch gehört zu dem baltischen Zweig der indoeuropäischen Sprachfamilie, Albanisch hat keine engen Verwandten und gehört zu keinem Zweig der indoeuropäischen Familie. Baskisch gehört zu gar keiner Sprachfamilie und ist somit auch eine isolierte Sprache.

Was passiert bei fehlendem Wissen über eine Sprache?

Wie gruppiert man Sprachen, wenn es keine Aufzeichnungen gibt und man auch sonst fast nichts über sie weiß? Dies ist ein häufiger Fall und in der Regel machen sich Forscher hier geografische Voraussetzungen zum Vorteil. Das hat man beispielsweise bei australischen Eingeborenensprachen, indischen Sprachen der Amerikas, afrikanischen Stammessprachen und vielen anderen gemacht.

Welche Sprachfamilien sind in Europa vertreten?

In Europa gibt es hauptsächlich drei große Sprachfamilien: die indogermanische Familie, die uralische Familie und die Turksprachen. Erstere lässt sich in romanische, germanische und slawische Gruppen unterteilen. Die germanische Gruppe besteht aus einem nord- und westgermanischen Zweig – so lassen sich Deutsch, Niederländisch und Englisch zum Westgermanischen zuordnen und Dänisch, Norwegisch oder Schwedisch zum Nordgermanischen. Italienisch, Spanisch, Französisch und Rumänisch hingegen gehören zur romanischen Gruppe und Russisch, Polnisch, Kroatisch oder Serbisch zur Slawischen.

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